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BE_54: Wappenscheibe Johann Heinrich Hummel
(BE_Bern_Nydeggkirche_Hummel)

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Titel

Wappenscheibe Johann Heinrich Hummel

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Güder, Hans Jakob · durch Quelle gesichert
Datierung
1668
Masse
42.6 x 33 cm im Licht
Standort
Lage
s VI 3a
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Ein mit Blumen, Früchten und Bändern geschmückter Lorbeerkranz umfasst das zwischen Vorhängen vor blauen Grund gesetzte Vollwappen Johann Heinrich Hummels. Die seitliche Rahmung bilden rostfarbene Pfeiler. Sie ruhen auf dem violetten Podium, an dessen Front die Rollwerkkartusche mit dem Stifternamen angebracht ist. An diese Kartusche schmiegt sich links und rechts je eine in ein Buch schreibende Sitzfigur. Bei derjenigen links handelt es sich um einen jüngeren Mann mit Turban in Gesellschaft eines Stieres und bei derjenigen rechts um einen in einen voluminösen violetten Mantel gehüllten Knaben. Zwei weitere schreibende, diesmal bärtige Männer sind in den oberen Eckfeldern sitzend auf dem Gebälk festgehalten. Derjenige links wird von einem Engel, derjenige rechts von einem Löwen begleitet. Paul Hofer und Luc Mojon bezeichnen die Figuren als "Gelehrten- und Theologie-Allegorien". Anhand ihrer Symbole lassen sich die vier Sitzgestalten aber konkret benennen, und zwar als die Evangelisten Matthäus (oben links), Markus (oben rechts), Lukas (unten links) und den knabenhaften Johannes (unten rechts). Als Vorlage dazu benutzte Hans Jakob Güder die Autorenbilder der vier Evangelisten aus Matthäus Merians Bilderbibel. Die Idee zu diesem Bildprogramm hatte aber zweifellos der gelehrte Scheibenstifter selbst.

Iconclass Code
11H(JOHN) · Johannes der Evangelist, Apostel; mögliche Attribute: Buch, Kessel, Kelch mit Schlange, Adler, Palme, Schriftrolle
11H(LUKE) · der Evangelist Lukas; mögliche Attribute: Buch, (geflügelter) Ochse, Marienbildnis, chirurgische Instrumente, Malwerkzeuge, Schriftrolle
11H(MARK) · der Evangelist Markus, Bischof von Alexandria; mögliche Attribute: Buch, (geflügelter) Löwe, Schreibfeder und Tintenfaß, Schriftrolle
11H(MATTHEW) · der Apostel und Evangelist Matthäus; mögliche Attribute: Engel, Axt, Buch, Hellebarde, Schreibfeder und Tintenfaß, Geldbörse, Schriftrolle, Winkelmaß, Schwert
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Hummel

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein kleines Glasstück der Inschriftenkartusche neu ergänzt; ein Sprung und zahlreiche Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1810/11: Anlässlich der damaligen Erneuerung von sechs Chorfensterflügeln werden darin zehn der alten durch Glasmaler Eggimann teilweise ausgebesserten Wappenscheiben eingesetzt.
1879 Johann Heinrich Müller und Adele Beck, Bern: Die Wappenscheiben der Nydegg werden damals durch Müller und "Fräulein" Beck mit grossem Geschick restauriert (Howald 1885).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer, grüner und violetter Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Wegen Raumnot erfuhr die Nydeggkirche 1668 eine Erweiterung im Schiff und Chor. Hauptursache des vermehrten Platzbedarfs war offenbar der grosse Zulauf, den der Dekan Johann Heinrich Hummel bei seinen Predigten in der Nydeggkirche hatte (Hofer/Mojon 1969, S. 242, Anm. 5). Die damalige Haupterneuerung betraf den "Lättner", das heisst den Einbau einer Doppelempore vor der Nordwest- und Westwand (mit dem Standeswappen am Podest). Zugleich erhielt die Westfassade zwei Rundbogenfenster. Welch grosse Bedeutung die Berner Obrigkeit der Erweiterung der Kirche beimass, zeigt sich an den dort erhaltenen Wappengaben von 1668. Ausser der prächtigen Standesscheibe zählen dazu mehrere Glasgemälde von zum Teil hochrangigen Berner Amtsträgern, nämlich diejenigen der beiden Schultheissen, des Kirchmeiers und Altvenners Vinzenz Stürler, des Dekans Johann Heinrich Hummel und des Seckelmeisters (welscher Lande!) Emanuel Steiger. Hinzu kommen einige Scheiben, bei denen es sich allem Anschein nach nicht um Stiftungen von Amts-, sondern von Privatpersonen handelt. Dass der heute in der Nydeggkirche vorhandene Zyklus von 1668 ursprünglich umfangreicher war, belegen die damals von den Vennern Christoph von Graffenried und Sigmund von Erlach dorthin gemachten Wappengaben, die sich beide in Privatbesitz befinden (BE_1668, BE_60).

Das Glasgemälde ist eine Arbeit Hans Jakob Güders. Dies belegen die Kirchmeierrechnungen von 1669. Ihnen zufolge wurde Güder damals für die Wappenscheibe Hummels und die Standersscheibe Berns mit 4 Duplonen entlohnt: "Hr. Hans Jacob Güder für das Bern-Rych 4 Duplonen und für Hr. Dekan Hummels Wappen" (Hofer/Mojon 1919, S. 270).
Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen sahen Hummels Scheibe 1896 im dritten Fenster auf der Schiffssüdseite.

Der aus Brugg gebürtige Johann Heinrich Hummel (29.9.1611–2.3.1674), der Sohn Michaels und der Barbara Steinhüsle, war Theologiestudent in Bern, Groningen, Clapham, Oxford und Cambrigde. 1636 wurde er Schullehrer in Aarau, und gleichzeitig heiratete er dort Sarah Meyer, die Tochter des Stadtschreibers Hieronymus. 1638 ernannte man ihn zum Pfarrer in Brugg, 1645 zum Helfer in Bern und 1647 zum Pfarrer am dortigen Münster. Als solcher war er von da an auch für die Nydeggkirche zuständig. Seit 1662 amtetet er als Dekan. Hummel bemühte sich um die Unionsideen von John Durie und nach dem Bauernkrieg gehörte er zu den wenigen Pfarrherren, die zwischen der Obrigkeit und den Aufständischen zu vermitteln versuchten (HLS 6/2007, S. 534; HBLS 4/1927, S. 320; Balthasar 1826; Erni 1950; Braun-Bucher 1991, S. 31f.).
Hummel war möglicherweise auch der Auftraggeber der in der Nydeggkirche befindlichen ovalen Bildscheibe mit der Allegorie auf den Tod.

Datierung
1668
StifterIn

Hummel, Johann Heinrich (1611–1674), Dekan

Herstellungsort

Bibliografie und Quellen

Literatur

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde Bd. IV, 1880–83, Zürich 1883, S. 184.

K. Howald, Der Zehntausend Ritter-Tag und das Zehntausend Ritter-Fenster im Berner Münster, in: Berner Taschenbuch 34, 1885, S. 136.

C. Howald, Historische Notizen über die Nydeck, in (Anhang): Orgelweihe in der Nydeckkirche, Sonntag den 13. Christmonat 1885, Bern 1886.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 58.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 245.

Paul Hofer/Luc Mojon, Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Bd. V, Basel 1969, S. 271f., Abb. 311 (Hans Jakob Güder?).

Güder, Hans Jakob, in: Allgemeines Künstlerlexikon 64/2009, S. 343.

Quellen zur Restaurierung 1810/11: Manual Stadtrat: VII, S.409 (2.6.1810); VIII/1, S. 77 (22.10.1810); VIII, S. 106 (12.11.1810); VIII, S. 108 (29.1.1811); VIII, S. 313 (17.6.1811); Kirchmeierrechnung 12./19. September und 20. Dezember 1811 (dazu Hofer/Mojon 1969).

Vgl.

Joseph Anton Balthasar (Hrsg.), Das Leben Johann Heinrich Hummels von Brugg, in: Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der schweizerischen Eidgenossenschaft II, Aarau 1826, S. 90–113.

Chr. Erni (Hrsg.), Histori des Lebens Johannis Henrici Hummelii. Eine Autobiographie aus dem 17. Jahrhundert, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 12/1950, S. 24–57.

Barbara Braun-Bucher, Der Berner Schultheiss Samuel Frisching 1605–1683. Schrifttum, Bildung, Verfassung und Politik des 17. Jahrhunderts auf Grund einer Biographie, Bern 1991.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS).

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS).

Weiteres Bildmaterial

BHM Bern, 2327; Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse 02792; SNM Zürich, Neg. 9992 (Hans Jakob Güder)

Vorlage

Kupferstiche des Matthäus Merian des Älteren aus der Bilderbibel = Icones Biblicae/Biblische Figuren, Frankfurt a.M. Erste vollständige Exemplare ab 1627.

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_Nydeggkirche_Hummel
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Nydegg Bern

Inventar

Referenznummer
BE_54
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema